Travel Jam

Durchhalten

Ankunft Shànghǎi (上海). Chaos, Autos, Menschen, Hochhäuser, Hupen, Krach, Gerüste, Baustellen… mein Kopf saust!

Gleich nach der Ankunft habe ich mir geschworen, hierher komme ich nie wieder! Tschüss Stadt der Superlative – mach’s gut Manhatten des Ostens! (Rückkehr 2015 und Revidierung der „bad vibrations“ 🙂 )

Zugticket nach Hángzhōu (杭州) besorgt. 200 Kilometer Bahnfahrt aufs Land. Schon im Zug wurde mir klar, dass ich leicht falsche Vorstellung von China hatte. Die Häuser zu meiner Linken und Rechten hörten nicht auf, Städte gingen nahtlos ineinander über, Straßen wohin man schaute.
Wo waren die Reisfelder? Wo waren die Menschen mit den Strohhüten? Wo die Tempel und Pagoden? WOOOO waren Land und Leute, die zu dem Polaroid in meinem Kopf passten?

Im Zug wurde ich bestaunt und in Gespräche verwickelt, die ich größtenteils nicht verstand und grinsend nickend kommentierte. Das Interesse an mir Langnase war gross und die Fragen unzählig. Woher kommst Du? Wie alt bist Du? Was machst Du hier? Wohin fährst Du? Wie lange bleibst Du? – (buhuu, ich will sofort wieder heim!!)
Arbeit? Einkommen? und und und…

Nach 2 ½ Stunden Fahrt war ich endlich in meiner Wahlheimat angekommen. Ich versuchte mich schnell zum Taxistand vorzukämpfen – vorbei an den, wild mit Hotelprospekten wedelnden, Menschen am Ausgang des Bahnhofs.

Taxitür auf . Koffer rein. Taxitür zu – puh! Geschafft!

Geschafft? Ob Taxifahren wirklich besser ist?

Die Fahrt zum Studentenwohnheim hatte ich gut vorbereitet. Ich deutete im Stadtplan auf die Strasse. „Wǒ tīng bù dǒng! 我听不懂!“ ich verstehe nicht, kam vom Taxifahrer! Vorbereitung gescheitert!

Plan B. Ich suchte die Schriftzeichen des Strassennamens und zeigte ihm diese – wir fuhren los.

Nach etwa 20 Minuten sah ich die Universität und schaute auf den Zähler des Taxameters. 23 Yuan. Wir schossen an der Uni vorbei. 25 Yuan. Irgendwo in Hangzhou. 29 Yuan. Bremsenquitschen, Fenster runter (oder war es offen oder gab es gar kein Fenster?), wildes Gestikulieren. 31 Yuan. Fragen nach dem Weg. 33 Yuan. U-Turn und wir schossen weiter. 37 Yuan. Ich sah wieder die Uni und wir bogen in eine kleine Seitenstraße. 41 Yuan. Das Taxi stoppte. 43 Yuan. „Dào le! 了!“ Ankunft…

Ich stieg aus, wurschtelte mein Gepäck aus dem Auto, kramte Geld aus dem Portemonnaie und gab ihm 23 Yuan. Mental stellte ich mir bereits auf eine heftige Diskussion ein – er aber nahm das Geld und rauschte davon. Ich war da, schulterte meine Taschen und strauchelte erschöpft in den Fliesenbau.

In China sehen viele Häuser so aus, Betonbauten mit Kacheln verziert, manchmal verschönert mit kleinen Türmchen – sehr seltsam für unser Auge.

Im Studentenwohnheim mußte ich mich einschreiben und bekam ein Einzelzimmer im 5. Stock, wie daheim, nur ohne Aufzug. Ächzend schleppte ich meine sieben Sachen die Treppenstufen hoch, schloß auf, drückte die Tür auf und fiel rückwärts wieder um.

Dreckig würde ich das nicht nennen. Kahl, staubig, irgendwie eng und schmuddelig! Ich schmiss erst einmal meine Taschen auf den Boden und ließ mich aufs Bett fallen. Da liefen sie bereits, die Tränen. Wobei ich nicht mehr sagen kann, ob es Tränen der Trauer, Heimweh, Entsetzen, Freude oder irgendeine andere Gefühlsregung war. Ich hatte einen Traum und ich hatte alles in Bewegung gesetzt, um diesen zu erfüllen – und hier war ich.

So seltsam das auch klingen mag, ich glaube, ich war tatsächlich glücklich, mit wenigen Einschränkungen.

Eigentlich klappte alles

Ein Kommentar zu “Durchhalten

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