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Lern ich das?

Da ich ja nicht zum Reisen hierhergekommen war, sondern die Sprache lernen wollte, erzähle ich jetzt erstmal etwas über die Uni.

Die Zhèjiāng Dà Xué (浙江大学), kurz Zhè Dà, liegt am Nordwestufer des West Sees, ist an einen kleinen Hügel geschmiegt und umfasst mit Sicherheit 60 verschiedene Gebäude. Einige sind Studentenwohnheime für Chinesen, die sich nicht, luxuriös wie ich, ein Zimmer teilen, sondern es achteln. Ein Durchschnittschinese verdient 800 Yuan (80 EURO) im Monat. Daher ist es ein absoluter Luxus, sein Kind an die Universität zu schicken. Und man teilt sich gerne ein Zimmer, bevor man gar nicht zum Studieren kann.

Die anderen Gebäude sind die Unterrichtsräume. Es gibt noch einige, kleine Häuser, in denen wohnen Lehrer, Hausmeister, Parkwächter oder andere Bedienstete und Konkubinen (ach so, neee falsch, das war ja die Kaiserzeit). Dann hat die Zhè Dà auf dem riesigen Campus Tennisplätze, weitere Sportpplätze und -hallen und einige Restaurants „shi tang“. Dort gibt es Essen, gut und günstig. Menu auf Chinesisch. Hund (Gǒu – ) essen vorprogrammiert.

Erste Klasse, erste Erfahrungen

Ich betrat also nach einer Woche China das erste Mal meinen Unterrichtsraum und schaute in viele chinesische Gesichter, häää?. Mittlerweile weiss ich, es handelte sich um Koreaner und Japaner, aber im ersten Augenblick habe ich nicht schlecht gestaunt.

Unsere Lehrerin betrat den Raum und begann mit ihrem Unterricht. Wir lernten chinesisch (Hànyǔ – 汉语). Wir lernten die chinesischen Grundstriche. Wir mussten diese Striche schreiben, bis die Lehrerin „Lǎo Shī – 老师“ zufrieden war. Die chinesische Art und Weise zu lehren ist sehr eintönig. Entweder man schreibt und schreibt und schreibt und die Klasse ist ruhig oder der Lehrer erklärt und die Klasse ist auch ruhig.

Es hat hier alles sehr viel mit Gehorsam und Respekt zu tun. Ich hatte Respekt, ganze 2 Monate. Dann bin ich nicht mehr in die Uni.

Es lag aber nicht nur daran, dass der Unterricht stinkend langweilig war, ich so ziemlich die einzige Ausländerin im Anfängerkurs war. Inmitten vieler anderer Asiaten, deren Sprache zumindest auch auf Schriftzeichen basiert, sondern es lag auch an Hangzhou.

Von fehlenden Heizkörpern und wichtigen Stichtagen

Nein, die Stadt ist nicht hässlich, sie hat nur einen klitzekleinen Fehler, der unbedingt im Laufe der kommenden Jahre behoben werden muss! Hangzhou braucht Heizkörper!

Hangzhou liegt südlich des Flusses Jangtsekiang. Dieser trennt China in Norden und Süden und bildet die imaginäre Heizungsgrenze. Im Norden wird es kalt und dort gibt es Heizungen. Im Süden bleibt es warm und dort gibt es keine. Tja, nun liegt Hangzhou nicht mehr als 100 km südlich des Jangtse und somit bringt diese Weisheit herzlich wenig. Es ist SCHWEINEKALT (sehr kalt – hěn lěng – 很冷) hier, es gibt sogar Schnee im Winter und der bleibt auch liegen.

Und bevor ich mich nun mit 3 Pullis, Strumpfhosen und Jacken in die Uni setze, um immer noch zu frieren, fange ich einfach sinnvolleres mit meiner Zeit an.

Zu der Kälte gibt es auch noch eine lustige Geschichte. Die Chinesen in dieser Region packen am ersten Herbsttag ihre langen Unterhosen aus. Schicke, wollene, raue, lange Unterhosen. Es gibt da anscheinend einen Stichtag, denn alle Chinesen ziehen die Hose an einem bestimmten Tag zum ersten Mal an und ich schwöre Euch, die Hose bleibt an. Bis Mai, dem 2. imaginären Stichtag.

Alternative Lernmethode

Meine Taktik bestand nun aus lang schlafen, mich in einen Bus zu setzten und Hangzhou zu erkunden. Westsee, Teeplantagen, schmale Gassen, Pagoden, Tempel, Zoo, Märkte – oh, die Märkte!! Nachtmarkt, Seidenmarkt, Tee Markt, Süßigkeiten Markt, Fischmarkt, Pflanzen-Blumen-Haustiermarkt, Schuhmarkt, Kleidermarkt, hatte ich Nachtmarkt schon gesagt? oder aber der Nachtmarkt? mich zwischen die Menschen zu mischen und alles in mich aufzusaugen.

Ich verbrachte Stunden, ja ganze Tage damit, mich einfach nur ans Seeufer zu setzen. Mit einem Buch oder einem Block und einem Pinsel in der Hand, Eindrücke niederzuschreiben oder zu malen, mich mit Chinesen zu unterhalten (anfänglich noch mit Händen und Füssen, aber auch das wurde mit der Zeit immer besser).

Ich hatte meine eigene Lernmethode entwickelt. Ich fragte meine Gesprächspartner nach Dingen, die ich sah. Sie wiederum sagten mir, wie diese auf Chinesisch heissen und ich wiederholte und schrieb auf. Mit meiner kleinen Sammlung fertigte ich mir Aufkleber, die ich lustig bei mir im Zimmer verteilte und jedes Mal, wenn ich eine Stelle im Zimmer anschaute, schaute ich auf einen dieser Merkzettel, sagte das Wort und schrieb es in die Luft.

Aprospos Zimmer – das Experiment Haustier

Ein Kommentar zu “Lern ich das?

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